Ein kritischer Blick auf deine Routinen, Denkweisen und Zeitmanagement kann deine Produktivität verbessern. Wir haben mit Mattias Ribbing, Autor, Selbstoptimierungsexperte und offizieller ‚Grandmaster of Memory‘ darüber gesprochen, was es eigentlich bedeutet, „intelligenter zu arbeiten“.
Gehörst du zu der mikroskopisch kleinen Minderheit, deren Arbeitsleben mental entspannend und trotzdem superproduktiv ist? Und ist deine Karriere geprägt von müheloser, sich immerwährender Weiterentwicklung? Herzlichen Glückwunsch! Dann brauchst du diesen Artikel nicht zu lesen. Mach einfach so weiter wie bisher.
Für die meisten von uns lautet die Antwort jedoch „Nein“. Dieses Bild beschreibt nicht das, was wir normalerweise erleben. Vielleicht liebst du deinen Job, vielleicht hast du verständnisvolle Vorgesetzte. Aber dennoch wirst du zumindest ein gewisses Maß an digitalem Stress, Priorisierungssprobleme oder Schwierigkeiten in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf als „normale“ Elemente der Arbeit im 21. Jahrhundert erleben. Manchmal bewältigen wir diese Herausforderungen besser, manchmal schlechter, aber die grundlegenden Dilemmas lassen sich nicht verneinen. Klingt das vertrauter?
Alles dreht sich darum, durchdachte Strategien für das Arbeitsleben zu haben.
Das sagt Mattias Ribbing, schwedischer Autor und Referent. Ribbing hat sich darauf konzentriert, sein Berufsleben zu optimieren. Wie? Er „hackt“ die Art und Weise, wie er mit neuen Informationen umgeht.
Arbeite nicht mehr Stunden, sondern optimiere deine Arbeitsergebnisse.
Dein Kurshalten ist für deinen Arbeitgeber genauso wichtig wie für dich.
Behalte auch deine langfristigen Ziele im Kopf.
„Ja, das stimmt genau. Viele Menschen haben sogar gar keine Strategie. Ich habe aber schon oft gesehen, dass Arbeitnehmer ihre Strategielosigkeit überwinden können hin zu ‚Smart Work‘, und das hat greifbare Auswirkungen. Der Unterschied ist enorm.“
Dabei sind die Techniken, um dies zu erreichen, laut Mattias Ribbing einfach, ja fast trivial. Oft sei die erste Reaktion auf seine Tipps allerdings eher irritiert: „Das nehmen mir die Leute oft nicht ab,“ sagt Ribbing, „das ist ihnen zu einfach.“ Denn auch der Begriff „Smart Wort“, intelligente Arbeit, klinge schon vage und etwas kompliziert.
Das ist aber nicht so, meint Mattias Ribbing. Wer „Smart Work“ im Arbeitsleben ausprobiert, wird sehr schnell einen Unterschied in seiner Produktivität und seinem Wohlbefinden bemerken.
Hier sind Ribbings drei wichtigsten Erkenntnisse und Techniken (zur direkten Anwendung geeignet):
„Multitasking ist ein Mythos. Das ist das Erste, was man wissen muss, um intelligenter zu arbeiten. Computer sind hervorragend im Multitasking. Menschen nicht. Aus der Verhaltensforschung wissen wir, dass das, was Menschen für ‚Multitasking‘ halten, eigentlich ein ‚Aufgabenwechsel‘ ist. Das heißt: Wir verlagern unseren Fokus von einer Sache auf eine andere, hin und her. Es gibt keine erfolgreiche Aktivität mit Mehrfach-Fokus. Eine sehr interessante Studie dazu stammt von Forschern der Harvard University. Sie unterteilten ihre Probanden in Gruppen, je nachdem, wie gut diese ihrer eigenen Meinung nach in der Lage waren, ‚Multitasking‘- Aufgaben zu erledigen, wie zum Beispiel relevante Bewertungen von komplexem Material vorzunehmen. Es stellte sich heraus, dass die ‚Multitasker‘ bei diesen Aufgaben von allen Gruppen am schlechtesten abschnitten. Warum? Sie wechseln zwischen ihren Aufgaben hin und her. Ihr Fokus geht durch Ablenkung zwischen verschiedenen Prioritäten verloren.“
„Ein tolles Tool ist die ‚Ein-Punkt-Liste‘. Definiere jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit einen Satz: Worum geht es am heutigen Tag? Was ist das Wichtigste, was heute erreicht werden muss? Schreib es auf ein Post-it und schon passiert etwas sehr Interessantes: Wenn du von einer kleineren Aktivität zurückkehrst, die deinen Fokus abgelenkt hat (wie das Lesen von E-Mails, die Teilnahme an einem nicht dringenden Meeting usw.), weiß dein Gehirn sofort, worauf es sich konzentrieren soll. Dein Post-it-Satz gibt dir deine Richtung vor. Das ist eine Möglichkeit, dein Gehirn darin zu trainieren, sich zu konzentrieren – und es ist unglaublich bereichernd.“
„Die Pomodoro-Technik wurde Ende der 1980er-Jahre entwickelt. Im Grunde genommen handelt es sich um ein Pausensystem. Ich gebe zu: Es funktioniert. Es funktioniert wirklich. Diese Technik eignet sich perfekt für große und standardisierte Aufgaben, die du selbst ausführen kannst. Wenn ich ein neues Buch schreibe, wende ich dieses Prinzip durchgehend an.
Und so funktioniert es: Schalte dein Mobiltelefon in den Flugmodus; stell einen Timer auf 25 Minuten ein; arbeite mit einer klar definierten Aufgabe, bis der Alarm ertönt und höre dann sofort auf. Wenn ich ein Buch schreibe, stoppe ich dann mitten im Satz. Mach eine fünfminütige Pause, beweg dich, aber denke keine Sekunde an die Aufgabe. Wenn du wieder anfängst, wirst du sehen, dass dein Fokus sofort wieder da ist. Du hast keinen Zeitverlust beim Wiedereinstieg. Probiere es einfach selbst aus und du wirst sehen, dass es funktioniert.“
„Das ist wichtig! Normalerweise halten wir uns bei neuer Technik, wie z. B. Mobiltelefon, Laptop o. Ä., an die Werkseinstellungen und die Vorstellungen des Herstellers davon, wie man das Gerät oder das digitale Tool verwenden sollte. Tu das nicht! Passe stattdessen die Technik an deine individuellen Bedürfnisse an. Für mich ist das ein Schlüsselaspekt für intelligenteres Arbeiten.“
„Frage dich immer: Wann und wo ist ein bestimmtes Gerät oder ein digitaler Dienst für mich am nützlichsten? Das ist abhängig von Zeit und Ort. Ich bin ein großer Verfechter von ‚dedizierten Geräten‘, d.h. dass man einen klar definierten Plan hat, wann, wo und wie man eine bestimmte Technik einsetzt. Ist der Laptop immer das optimale Arbeitsgerät? Nein, es ist optimal für kurzfristige Fernarbeit. Ist es eine gute Idee, immer alle Arbeits-E-Mails dabei zu haben, wenn man versucht, seine Batterien aufzuladen und Zeit mit der Familie zu verbringen? Wahrscheinlich nicht. Die technische Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist aber in die entgegengesetzte Richtung gegangen! Wir konzentrieren alle Bereiche unseres Lebens auf einige wenige technische Geräte wie das Handy. Das ist ein riesiges Problem.“
„In gewisser Weise ist dieses Problem bereits gelöst worden – nur in anderen Kontexten. Man denke nur an das Essen. Noch vor einigen Hundert Jahren gab es Lebensmittelknappheit. Wann immer es möglich war, an Lebensmittel zu gelangen, aß man sie. Heute können wir essen, wann immer wir wollen. Deshalb haben wir für das Essen spezielle Räume (Küche, Restaurant) und bestimmte Gerichte (Frühstück, Mittagessen, Abendessen) geschaffen. Dies sind soziale Konventionen, die es leichter machen, in einer Welt der Fülle zu leben. Ich denke, dass wir in Zukunft damit beginnen werden, auch unsere Beziehung zu Informationen zu regulieren. Wir sollten daran denken, dass diese Situation für uns noch recht neu ist. Wir werden lernen, damit umzugehen.“
Dies sind drei Schlüsseltechniken für alle, die versuchen möchten, intelligenter und energiesparender zu arbeiten. Natürlich gibt es noch andere. Doch das Wichtigste ist, es einfach auszuprobieren. „Die größte Hürde ist oft Skepsis“, meint Mattias Ribbing, „wenn du diese Techniken ausprobierst, wirst du sehr schnell einen Unterschied merken. Mach Schluss mit Multitasking, pass das Zeitmanagement an dein Gehirn an, verändere deine Techniknutzung! Dies sind Dinge, die du jetzt sofort angehen kannst.“
Mattias Ribbing ist ein schwedischer Autor, Redner und Bildungs-„Hacker“. Er ist dreifacher schwedischer Gedächtnismeister und wurde zum internationalen Großmeister des Gedächtnissports ernannt. Dieser beliebte TedX Talk zeigt Mattias Ribbings Ansatz zur Beschleunigung der Lernfähigkeit. Mattias hat fünf Bücher über die Zusammenhänge zwischen Lernen, Gedächtnis und kognitiver Leistung geschrieben. Sein neuester Titel ist „Screen Smart: 9 Brain Rules for Performance and Wellbeing in a Digitalized World“ (2020).